Ria Deeg wieder im Stadtparlament Gießen – Antrag Lennartz (DKP)

Gegen grüne Verweigerungshaltung – Neuer Antrag auf öffentliche Ehrung der Antifaschistin und Kommunistin

Antrag der Stadtverordneten Martina Lennartz vom 25.08.2025 an das Stadtparlament

Antrag:
„Der Magistrat wird gebeten, im Gedenken an die Antifaschistin und Trägerin der
Goldenen Ehrennadel der Stadt Gießen, Ria Deeg, eine sichtbare Ehrung vorzunehmen
und in der Plockstraße, wo bereits andere Gießener Persönlichkeiten geehrt werden, eine
Stele mit der Nachbildung ihres Kopfes zu errichten.“

Begründung:
Am 25. Todestag von Ria Deeg, dem 13.8.2025, fand eine sehr gute Veranstaltung der
Omas gegen rechts (OgR) statt, an der alle Anwesenden gemeinsam eine sichtbare
Ehrung für Ria Deeg forderten. Es sprachen Vertreter der OgR, der SPD und der Grünen,
Linke und auch der DKP. Unter sämtlichen Rednern bestand Einigkeit, dass Ria Deeg nun
endlich eine sichtbare Ehrung verdient hat. Sie war eine über die Grenzen Gießens
hinaus bekannte Antifaschistin, Kommunistin und Trägerin der goldenen Ehrennadel
Gießens.

2015 beschloss der Magistrat– an Rias 10. Todestag- , dass Ehrungen erst 20
Jahre nach dem Tod einer Person (vorher zehn Jahre) vorgenommen werden dürfen.
Selbst am zwanzigsten Todestag verwehrte man ihr im Stadtparlament die von uns (DKP
mit damals mit Gießener Linke) beantragte angemessene Ehrung. Ria Deeg wäre die
erste und einzige Person aus dem Widerstand gegen den Faschismus, die so geehrt
würde. Bisher wurden ausschließlich Opfer der Faschisten geehrt. Ria war beides: Sie
leistete aktiven Widerstand und wurde deshalb verhaftet. Unter Gefahr für Leib und Leben
stellte sie Flugblätter her, die sie mit ihren Kameraden in gefährlichen Aktionen verteilte,
um die Menschen über die Verbrechen der Nazis aufzuklären, sie aufzurütteln und vor
dem sich abzeichnenden 2. Weltkrieg zu warnen. Ria Deeg wurde verhaftet und 1935
zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Auch anschließend war sie den Repressionen
der Nazis ausgesetzt. – Nach der Befreiung vom Faschismus beteiligte sie sich am
demokratischen Aufbau und war lange Zeit Leiterin der Betreuungsstelle
für politisch, rassisch und religiös Verfolgte in Gießen.

Sie war aktiv im Wiederaufbau
nach 1945, unermüdliche Zeitzeugin, als Friedenskämpferin, tief verankert in der
Gießener Zivilgesellschaft ihrer Zeit bei hoher Akzeptanz ihrer Person über alle
Parteigrenzen hinweg.

Im Auftrag des SPD/Grünen Magistrats überreichte OB Manfred
Mutz ihr 1987 in einer Feierstunde die Goldene Ehrennadel, nach der Ehrenbürgerschaft
die höchste Auszeichnung der Stadt. In seiner Rede hob er „ihren unermüdlichen Einsatz
für Menschlichkeit, Anstand und politische Moral“ hervor. Seinen Glückwünschen
schlossen sich die Vertreter von CDU, FDP, SPD und die Grünen an.

Oberbürgermeister Haumann (CDU) sagte in seiner Rede anlässlich der Widerstandsfeier am 20. Juli 2007,
in der er auch an den 100. Geburtstag von Ria Deeg erinnerte: „Mit der heutigen
Veranstaltung gedenken wir all jenen, die nicht wegschauten, und erinnern an die, die
wachsam blieben, ja – sogar aktiv Widerstand gegen das Naziregime leisteten…“ Das
Leben von Ria Deeg ist Anlass, diese mutige Frau in Erinnerung zu behalten und durch
eine entsprechende Ehrung der Jugend als Vorbild darzustellen. In der Plockstraße
werden bereits andere bedeutende Antifaschistinnen mit einer Stele und der Nachbildung
ihres Kopfes geehrt:

* die Professorin Margarete Bieber, die 1933 von den Nazis
entlassen wurde und in die USA emigrieren musste,

* die Pädagogin Hedwig Burgheim,
die nach zahlreichen Repressionen 1943 von den Faschisten verhaftet, nach Auschwitz
transportiert und dort ermordet wurde, sowie

* die in der Frauenbewegung engagierte und dem antifaschistischen Widerstand in der Bekennenden Kirche zugehörende Dr.
Agnes von Zahn-Harnack. Eine Stele ist die angemessene Form der Würdigung auch von Ria Deeg – ohne sie, der mutigen Kämpferin gegen Faschismus und Krieg, ist dieses Ensemble unvollständig.

Martina Lennartz