Lernen und Lehren am Limit

Im Oktober veröffentlichte die Gießener Allgemeine Zeitung (GAZ) Auszüge eines Leserbriefes einer 30-jährigen Lehrerin aus Gießen. In ihrem Brief spricht sie von katastrophalen Arbeitsbedingungen, unter denen ihre KollegInnen und auch die SchülerInnen zu leiden hätten. Die Klassen seien zu groß, die Räume zu klein, für die Betreuung Einzelner blieben pro Schulstunde 60 Sekunden. Ausstattung und Materialien seien veraltet, nur mangelhaft vorhanden oder defekt.
Ein Ausgleich von sozial bedingter Chancenungleichheit ist so unmöglich.
Sie nennt Beispiele: Da wäre ein Kind, das nicht lesen und schreiben kann und trotzdem am Unterricht teilnimmt. Oder ein in Deutschland geborener Junge, der »massive sprachliche Rückstände im Vergleich zu den Altersgenossen« habe. Er bemühe sich, sei zuverlässig, habe Freunde gefunden, könne aber selbst kurze, einfache Texte nicht verstehen. »Es ist doch jetzt schon klar, dass dieses Kind trotz Nachhilfe, Haus­aufgabenbetreuung und vorbeugenden Maßnahmen kaum eine Chance auf einen Abschluss hat«, schreibt sie. »Es zerbricht mir das Herz.« (GAZ).
Für uns zeigt sich anhand solcher Bei­spiele, welch gerin­gen Stellenwert die Herrschenden unse­rer Bildung im Kapitalis­mus bei­messen. Das Bildungs­system wird weiter kaputtgespart und die LehrerInnen vor Ort sehen sich gezwungen, die dadurch ent­standenen Schäden durch persön­liches Engagement in ihrer Frei­zeit auszugleichen.
Solange wir profitabel am Arbeitsmarkt eingesetzt werden können, der Bedarf an ausgebildeten Arbeitskräften in verschiedenen Be­reichen gedeckt ist, sind für die KapitalistInnen die Anforderungen an ein Bildungs­system erfüllt.
Die geschilderten Verhältnisse haben sich unter den Pandemie-Bedingungen weiter verschärft. Die breite Bevölkerung bekommt nun die Quittung für die neoliberale Privatisierungs- und Sparpolitik der letzten Jahrzehnte. Für die Wirtschaft werden Milliarden zur „Rettung“ aus­gegeben. Die Kosten der Krise sollen wieder einmal wir zahlen.
Doch wir schnallen den Gürtel dieses Mal nicht enger und rufen auf euch gemeinsam mit uns zu wehren. Kämpft mit uns für unser Grundrecht auf Bildung und eine sozialistische Zukunft!
Mehr Geld für die Bildung!
Weg mit allen Zugangs­beschränkungen im Bildungssystem! Weg mit Studiengebühren!
Arbeitszeitverkürzung für Lehrende!
Abschaffung des Notensystems!

Max Lambeck, Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ)
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