Hans Rosenbaum Kommunist-Antifaschist-Widerstandskaempfer

Hans Rosenbaum: Kommunist, Antifaschist, Widerstandskämpfer.

von Dieter Bender

Hans Rosenbaum, geboren am 16. Januar 1903 in Gießen, arbeitete nach dem Besuch der Volksschule während des ersten Weltkriegs in einer Munitionsfabrik. Danach begann er eine Lehre als Schuhmacher, die er wegen des Todes seines Meisters nicht beenden konnte. In der Folge arbeitete er in mehreren Betrieben als Hilfsarbeiter, eine Zeitlang als Dachdeckergehilfe und von 1927 bis 1928 beim städtischen Kanalbetrieb in Gießen. Von 1928 bis 1936 war er arbeitslos, fand dann wieder Arbeit beim Bau der Autobahn und am Flughafen Gießen. Gewerkschaftlich organisiert war er im Dachdeckerverband und im Metallarbeiterverband.

Hans Rosenbaum war ledig, lebte aber seit 1929 mit seiner Lebensgefährtin Elisabeth Friedrich zusammen, zuletzt im 4. Stock im Teufelslustgärtchen 18, Kinder hatten sie keine.

1924 trat er in die KPD ein, war dort Kassierer und Literaturobmann. 1926 wurde er in der RGO aktiv, trat der Roten Hilfe, wo er ebenfalls Kassierer wurde und dem Rotfrontkämpferbund bei. Der RFB bestand nach dem Verbot 1929 in Gießen als Verein illegal weiter. Nach den Verboten von KPD und Roter Hilfe setzte er seine politische Arbeit in der Illegalität weiter fort.

In Gießen versuchte man mit der Roten Hilfe die Parteistrukturen zu reorganisieren, geleitet wurden diese Bemühungen von einem „Dreierkopf“, dem neben Rosenbaum Heinrich Creter und Maria Baitz (bekannt als Ria Deeg) – bis zu ihrer Festnahme im November 1934 – angehörten. Neben der Sammlung von Geld zur Unterstützung der Verfolgten, verteilten die Aktiven der Widerstandszelle Flugblätter und andere Materialien der KPD. Die Rote Hilfe war Anfang 1934 auch bei der Flucht des Krofdorfer Widerstandskämpfers Louis Schleenbecker ins Saarland finanziell und organisatorisch beteiligt.

Beginnend mit dem 21. April 1937 begann eine Verhaftungswelle in Gießen, bei der die gesamte Widerstandsgruppe aufflog, als letzter wurde Walter Deeg am 29. April in Darmstadt verhaftet. Am 13. Juli 1937 wurden vom Strafsenat des Oberlandesgerichts in Kassel die Urteile gefällt. Die beiden Hauptangeklagte Hans Rosenbaum und Heinrich Creter wurden wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, die anderen Angeklagten zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und drei Monaten Gefängnis bis zu drei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus.

Rosenbaums Haft im Zuchthaus dauerte bis April 1942, nach Verbüßung der Zuchthausstrafe wurde er unmittelbar auf Veranlassung der Gestapo Darmstadt in sogenannte „Schutzhaft“, das bedeutete Haftunterbringung ohne Urteil, genommen. Genaue Angaben zu Orten und Zeiten waren nicht aufzufinden, die meisten Unterlagen wurden von den Tätern vor der Befreiung der Lager vernichtet. In Frage kommen Butzbach, Wehlheide und das Strafgefangenenlager Aschendorf, eines der Moorlager.

Von den späteren Leidensstationen von Hans Rosenbaum sind Spuren der Bürokratie des Grauens erhalten geblieben.

Am 31. Juli 1942 ist Hans Rosenbaum einer von 41 Neuzugängen im KZ Buchenwald und wird in der Kategorie Schutzhäftlinge geführt, insgesamt sind an diesem Tag 8846 Häftlinge in Buchenwald. Als nächste Angehörige ist seine Schwester Louise Müller aufnotiert, die unweit des Teufelslustgärtchens in der Mühlstraße 6 wohnte. Eingesetzt wurde er wechselnd in einem der 2 Baukommandos, zeitweise gemeinsam mit Heinrich Creter und dem bekannten Frankfurter Antifaschisten Emil Carlebach, der als einer von wenigen jüdischen Häftlingen Buchenwald überlebte. Als er am 2.2.1944 nach Lublin in das KZ „Majdanek“ geschafft wird, waren in Buchenwald 42.580 Häftlinge eingesperrt.

In Lublin war er im Lager in der Lindenstraße, das für die DAW (Deutschen Ausrüstungswerke), einem SS-eigenen Rüstungsbetrieb Arbeiten verrichtete. Dieses Lager war im Dezember 1939 als Zwangsarbeiterlager für Juden eingerichtet worden. Nach dem Aufstand der jüdischen Häftlinge im Lager Sobibor, wurden alle Juden in den Lagern im Distrikt Lublin im November 1943 in der Aktion mit dem Decknamen „Erntefest“ umgebracht. Bis Februar 1944 wurde mit 1750 Zwangsarbeitern aus den KZs Sachsenhausen, Dachau, Buchenwald und Majdanek die Produktion wieder aufgenommen.

Majdanek war das erste KZ, das von den Alliierten befreit wurde und die Nazis versuchten die Spuren ihrer Verbrechen zu vernichten. Ab März 1944 wurden Gräber geöffnet, Leichen verbrannt, Akten vernichtet, Häftlinge in andere Lager deportiert. Als die Rote Armee im Juli das Lager befreite, waren nur noch einige der Gebäude erhalten. Hans Rosenbaum gehörte zu den letzten, die auf einen „Todesmarsch“ gen Westen geschickt wurden und zu den wenigen, die diesen überlebten.

Die nächste Station des Leidens war das KZ Gross-Rosen, 60 km südwestlich von Breslau. Hier wurden in Steinbrüchen große Granitblöcke für die Monumentalbauten der Nazis gebrochen, später vorwiegend für die Rüstungsindustrie Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen geleistet. Mit den Deportationen aus Majdanek und Auschwitz stieg die Belegung der Lager von Gross-Rosen auf über 120.000 Häftlinge.

Ab Ende 1944 wurden nunmehr die Häftlinge in Etappen unter chaotischen Bedingungen nach Westen ins Landesinnere verschleppt, zahlreiche Häftlinge starben unter den Strapazen, wurden erschossen oder anderweitig umgebracht. Hans Rosenbaum überlebte auch dies, sein Name ist aufgeführt auf einer Transportliste von Häftlingen, die zwischen dem 13. Und 17. Februar 1945 aus Gross-Rosen kommend im KZ Mittelbau Dora, das zu Buchenwald gehörte, ankamen. Wenige Tage später wurde er im Außenlager Boelcke-Kaserne in Nordhausen umgebracht. Als Todeszeitpunkt ist der 25.2.1945, 3 Uhr 20 in den „Totenmeldungen an die politische Abteilung“ notiert, zwei Tage später meldete Oberscharführer Emmel der Waffen-SS des Arbeitslagers Boelcke-Kaserne die Überstellung der Leiche von Hans Rosenbaum an das Krematorium. Hans Rosenbaum wurde nur 42 Jahre alt.

1948 befürwortete die Betreuungsstelle für politisch, rassisch und religiös Verfolgte für den Stadt- und Landkreis Gießen der Lebensgefährtin von Hans Rosenbaum, Elisabeth Friedrich eine Hinterbliebenenrente von 150 DM zu bewilligen, was von der Hauptbetreuungsstelle Darmstadt abgelehnt wurde, da die zwei nicht verheiratet waren.

Am 13.1.1958 beantragte die Lebensgefährtin von Hans Rosenbaum, Elisabeth Friedrich Wiedergutmachung. Aus dem Antrag geht hervor, dass man die Hinterbliebenen von Hans Rosenbaum nicht über sein Schicksal informiert hat, weder über Ort und Zeitpunkt des Todes noch über seine Haftstationen. In den Akten des Wiedergutmachungsverfahrens ist auch nicht zu finden, dass man wenigstens jetzt darüber Mitteilung gab. Selbst die Beantragung der Todeserklärung löste keine behördlichen Nachforschungen aus, entgegen der Aktenlage in den Archiven wird Mauthausen, wo Rosenbaum nie inhaftiert war, als Sterbeort beurkundet.

Man verweigert Elisabeth Friedrich die Anerkennung ihrer Lebenspartnerschaft mit Hans Rosenbaum als „Freie Ehe“, nach dem Gesetz über die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter, vom 23. Juni 1950. Das Wiedergutmachungsverfahren erledigt sich damit, „daß die Obengenannte vor einigen Jahren verstorben ist“, wie in der Akte zu lesen ist.

Text: Dieter Bender