Ria Deeg – Kommunistin und Widerstandskämpferin

Ria Deeg – Ein Gießener Leben im Widerstand – für Sozialismus gegen Faschismus und Krieg

 

Ria Deeg - ...gegen Kapitalismus und Krieg1907 in Dutenhofen bei Gießen geboren engagierte sich Ria Deeg in den 1920er Jahren zunächst in der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ). Nachdem die SPD immer häufiger Projekte der politischen Rechten unterstützte (Aufrüstung statt Kinderspeisung oder Aufruf zur Wahl von Hindenburg als Reichspräsident, Schüsse auf demonstrierende Arbeiter), verließ sie 1932 diese Partei und schloss sich der KPD an. Nach Übertragung der Regierung an die Faschisten – voran getrieben und finanziert durch Banken und Großindustrie – engagierte sich Ria trotz wachsenden Terrors im antifaschistischen Widerstand. Man verhaftete sie und verurteilte sie 1935 zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus, von denen sie fünfzehn Monate in Isolationshaft verbringen musste.

Gemeinsam mit ihrem Mann Walter und anderen Mitgliedern des Widerstands gründete sie nach der Befreiung vom Faschismus die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und baute auch die KPD in Gießen wieder auf. Bis zum erneuten Verbot der KPD (1956) wurde sie ins Gießener Stadtparlament gewählt. In der Bewegung „Kampf dem Atomtod“, einer Initiative gegen die Wiederbewaffnung der BRD, die von mehr als neun Millionen Bürgern per Unterschrift unterstützt wurde, war Ria eine der Aktivsten. 1968 gehörte sie zu den Gründerinnen der DKP. Bis zum Schluss kämpfte sie als Kommunistin gegen Aufrüstung und organisierte Ostermärsche mit.

Sie berichtete in Schulen den Kindern und Jugendlichen vom Grauen faschistischer Herrschaft und dem mutigen Entgegentreten einiger weniger. Als Rednerin trat sie in unzähligen Veranstaltungen an Schulen, bei antifaschistischen Stadtführungen oder dem jährlichen Mahngang zur Pogromnacht der Nazis auf.

Für ihr Engagement und ihre Lebensleistung ehrte der damalige Oberbürgermeister Manfred Mutz (SPD) sie am 18. März 1987 mit der Goldenen Ehrennadel der Stadt Gießen, der höchsten Auszeichnung unserer Stadt. In seiner Rede hob Mutz „ihren unermüdlichen Einsatz für Menschlichkeit, Anstand und Moral“ hervor. Den Glückwünschen schlossen sich die damaligen Fraktionsvorsitzenden von CDU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen an. Mit der Forderung auf weitergehende Ehrungen und Gedenken an das Leben und Wirken Ria Deegs stießen DKP, Antifa-Gruppen und die Linke jedoch auf erbitterten Widerstand im bürgerlichen Lager.

Am 17. Februar 2011 stellte Michael Beltz, Stadtverordneter der Linksfraktion und Vorsitzender der DKP, im Parlament den Antrag, eine Stele mit der Nachbildung ihres Kopfes zu errichten. „Unter Einsatz von Freiheit und Leben leistete sie Widerstand. Bis zu ihrer Verhaftung im November 1934 war Ria Deeg aktiv in einer Widerstandsgruppe tätig. Mit einfachsten Mitteln wurden auf versteckten Schreibmaschinen Flugblätter hergestellt, vervielfältigt und zu den Verteilern gebracht…Es gibt in Gießen keine andere Antifaschistin, die sich mehr Verdienste im Kampf gegen den Hitler-Faschismus erworben hat und dafür ins Zuchthaus gesperrt wurde, als Ria Deeg.“ Michael Beltz wies darauf hin, dass auch Hans Rosenbaum und Walter Deeg in öffentlicher Erinnerung bleiben müssen.

Mauscheln in der Parlamentsarbeit

2007 sollte die Straßenbenennungskommission einen Vorschlag für eine „Ria-Deeg-Straße“ machen. Das ist nie geschehen.
2011 wurde der Antrag von Michael Beltz durch die Parlamentsmehrheit abgelehnt.
Eine „Gesamtkonzeption“ der Erinnerungskultur wurde nie erarbeitet.
2015 wurde der Antrag erneut abgelehnt. Es sollte ein „Konzept zum Umgang mit den Gießener Repräsentanten des Widerstands“ erstellt werden. Das ist nie geschehen. Im gleichen Jahr wurde die „Lex Ria Deeg“ beschlossen: Ehrungen frühestens 20 Jahre nach dem Tod vorzunehmen.
2017 konnte ein Konzept für die „Gießener Köpfe“ aus „Zeitmangel“ nicht umgesetzt werden, sollte aber 2018 lt. Oberbürgermeisterin erfolgen. Nichts ist passiert!
Im April 2022 beschloss die Koalition aus Grünen, SPD und „Linke“, dass Ria „ins Oberhessische Museum soll“ (Gießener Allgemeine Zeitung), das renoviert und neu gestaltet wird. Der Kampf für eine zeitgemäße Ehrung wird weiter geführt!

Die autobiografischen Berichte und Texte über Ria Deeg „Signale aus der Zelle“ sind bei der DKP Gießen für 5 € erhältlich. (giessenätdkp.de)

Ein Rückblick von 2020 auf die Bemühungen um eine würdige Ehrung, von Michael Beltz (DKP, Stadtverordneter der Linken) – „Keine Ehrung oder Das Schweigen der Lämmer“ – kann man hier nachlesen.

Am 12. Dezember 2016 fand in Gießen eine Gedenkveranstaltung für Ria Deeg statt. Der umfangreiche Bericht ist hier abrufbar! (.pdf)